Hausmittel bei Herpes: natürlich, aber mit Augenmaß!
Bei alltäglichen Beschwerden und Erkrankungen greifen viele Menschen lieber zu traditionellen Hausmitteln als zu Medikamenten aus der Apotheke. Auch Lippenherpes-Betroffene suchen oft nach einer natürlichen, chemiefreien Behandlungsmöglichkeit – doch hier ist Augenmaß gefragt, denn nicht jeder ‚Geheimtipp‘ hält, was er verspricht:
- Einige der bei Lippenherpes häufig empfohlenen Hausmittel wie Apfelessig oder Zahnpasta sind nicht nur wirkungslos, sondern sogar kontraproduktiv: Sie können die Haut reizen und so die körpereigene Abwehrkraft gegen die Herpes-Viren weiter schwächen.
- Dagegen haben andere Hausmittel wie Honig, Melisse und Teebaumöl tatsächlich antivirale Eigenschaften. Sie können die Bläschenbildung zwar nicht verhindern, erreichen zum Teil aber eine vergleichbare Symptomlinderung wie Aciclovir-haltige Herpessalben aus der Apotheke.
Wenn Sie Lippenherpes natürlich und chemiefrei behandeln möchten, bietet die Thermotherapie eine interessante Alternative für Ihre Hausapotheke: Die Thermotherapie wirkt rein physikalisch, kann die körpereigene Immunreaktion unterstützen und natürliche Stoffwechselprozesse aktivieren. Bei rechtzeitiger Behandlung können Sie die Entstehung von Lippenbläschen damit sogar verhindern!

Hausmittel bei Herpes: Symptome natürlich lindern?

Im Internet, in Zeitschriften und in persönlichen Gesprächen kursieren zahlreiche Hausmittel, die bei Lippenherpes helfen sollen. Doch was wirkt und was wirkt nicht? Wir haben die beliebtesten Hausmittel für Sie unter die Lupe genommen!
Honig bei Lippenherpes
Honig wird seit Jahrtausenden für seine Heilwirkung geschätzt. Die Wirksamkeit von Honig gegen das Herpes-simplex-Virus Typ 1 konnte in Laborexperimenten bestätigt werden.1 Studien mit Lippenherpes-Patienten zeigen für Honig eine vergleichbare Wirkung wie Aciclovir-haltige Herpes-Salben: Eine Linderung der Symptome ist möglich, eine frühzeitige Verhinderung der Lippenbläschen dagegen nicht.2 Zudem sind auch bei Honig die oben genannten hygienischen und ästhetischen Nachteile der Behandlung von Lippenherpes mit Salben zu beachten.
Propolis bei Lippenherpes
Propolis ist ein weiteres Bienenprodukt, dessen antivirale Eigenschaften im Labortest mit Herpes-Viren bestätigt wurden.3 Patientenstudien zeigen, dass Propolis-Balsam bei der Behandlung von Lippenbläschen einen heilungsfördernden und schmerzlindernden Effekt haben kann, der unter Umständen sogar schneller eintritt als bei Aciclovir-Salben.4 Verhindern lässt sich die Bläschenbildung mit Propolis allerdings nicht, zudem bleibt auch hier die Problematik der Salben-Therapie ungelöst. Ebenfalls zu beachten ist das Risiko von Kontaktallergien durch Propolis.5
Melisse bei Lippenherpes
Melissa officinalis ist eine traditionelle Heilpflanze. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Melissensalbe bei der Behandlung von Lippenherpes eine vergleichbare Symptomlinderung erreicht wie Aciclovir-haltige Salben, zum Teil sogar eine effektivere Linderung der Wundschmerzen.6 Auch Melisse kann das Aufblühen von Herpes-Bläschen jedoch nicht verhindern. Als nachteilig zu beurteilen ist auch hier die Notwendigkeit des regelmäßigen Eincremens und das Allergierisiko von Melissa-officinalis-Präparaten.
Teebaumöl bei Lippenherpes
Teebaumöl (Melaleuca alternifolia) ist eines der am häufigsten empfohlenen Hausmittel bei Herpes. Die antiviralen Eigenschaften des Öls sind Gegenstand zahlreicher In-Vitro-Studien, die Eignung zur Behandlung von Lippenherpes wird aktuell noch uneinheitlich bewertet.7 Auch bei diesem Hausmittel sind die bekannten Nachteile der Salbenbehandlung zu beachten, hinzu kommt der intensive Geruch und das Risiko von Hautirritationen, gerade bei der unverdünnten Anwendung.8
Aloe Vera bei Lippenherpes
Aus den Blättern der Echten Aloe wird ein Gel gewonnen, das nicht nur in der Kosmetik, sondern auch in der Volksmedizin vielfältige Anwendung findet. Für die Bekämpfung von Herpes-Viren zeigt Aloe Vera vielversprechende Ergebnisse bei In-vitro-Tests, aussagekräftige Studien zur lokalen Anwendung des Gels bei Lippenherpes gibt es bislang jedoch nicht.9
Schwarztee bei Lippenherpes
Schwarzer Tee enthält Gerbstoffe, die beim Auftragen auf die Haut leicht zusammenziehend (adstringierend) wirken, den Juckreiz lindern und auch leicht schmerzlindernd wirken können. Das Betupfen der Haut mit Schwarztee bietet aber keine ausreichende Therapie bei Lippenherpes.10
Nicht zu empfehlen: Diese Herpes-Hausmittel können die Haut reizen
Die Liste der gegen Herpes empfohlenen Hausmittel umfasst neben bekannten Heilpflanzen leider oft auch kuriose und zum Teil sogar hautreizende Stoffe. Wer nach natürlichen Mitteln gegen Herpes sucht, sollte daher genau hinschauen:
- Zahnpasta wird immer wieder als Hausmittel bei Herpes empfohlen und soll Lippenbläschen schneller austrocknen, kann aber leicht zu Hautreizungen führen.
- Zinksalbe ist für eine austrocknende Behandlung sicherlich besser geeignet als Zahnpasta, doch auch hier sind Hautreizungen möglich.11
- Knoblauch kann allergische Reaktionen und Hautreizungen hervorrufen, wenn er – wie bei Herpes oft empfohlen – direkt auf die Haut gerieben wird.12 Studien mit einem hinreichenden Wirknachweis gegen Lippenherpes gibt es nicht.
- Apfelessig wirkt zwar antibakteriell, aber nicht antiviral und ist für die Behandlung von Lippenherpes somit ungeeignet. Zudem kann die enthaltene Säure die Haut stark austrocknen und bei der Anwendung gegen Herpes im Mund auch den Zahnschmelz schädigen.

Nachteile von Hausmitteln: Mehrfaches Auftragen & höchstens Symptombehandlung
Fast alle Hausmittel bei Herpes an der Lippe sind zur lokalen Anwendung, also zum Auftragen direkt auf die Haut gedacht. Hier ergeben sich jedoch ähnliche Probleme wie bei Aciclovir-haltigen Herpessalben aus der Apotheke:
- wenig diskrete Behandlung: Die Lippenbläschen bleiben sichtbar, zudem hinterlassen auch viele der äußerlich aufzutragenden Hausmittel optisch unvorteilhafte Spuren.
- mehrfaches Auftragen: Bei den meisten Hausmittel wird eine wiederholte Anwendung empfohlen, was im Alltag oft unpraktisch und nur selten mit der erforderlichen Händehygiene durchführbar ist.
- Gefahr von Schmierinfektionen: Durch das wiederholte Berühren der betroffenen Hautpartie können Herpes-Viren über die Finger in andere Bereiche des Gesichts oder des Körpers weitergetragen werden, zudem besteht erhöhte Infektionsgefahr im Kontakt mit anderen Menschen.
- Gefahr von Hautreizungen & Kontaktallergien: Wie bei einigen der obig vorgestellten Mittel schon angesprochen wurde, sollten sich gerade Menschen mit empfindlicher Haut über mögliche Nebenwirkungen der vermeintlich ‘sanften’ Hausmittel informieren.
Ein weiterer Nachteil ist, dass Hausmittel im Vergleich zu anderen Behandlungsoptionen wie bspw. der Thermotherapie weniger gut gegen Lippenherpes wirken. Wissenschaftliche Studien zeigen für die meisten der kursierenden Hausmittel:
- keine ausreichende Wirkung gegen die Herpes-Viren
- keine Möglichkeit, die Entstehung von Lippenbläschen zu verhindern
- nur mäßige Linderung von Juckreiz, Brennen & anderen Symptomen
Wer bei den ersten Lippenherpes-Symptomen zunächst zu ‘sanften’ Hausmitteln greift, verpasst die Chance, den Prozess der Virenvermehrung frühzeitig und wirksam zu unterbrechen. Dies ist auch mit natürlichen Mitteln, ganz ohne chemische Wirkstoffe möglich!
Nachweislich wirksame Mittel bei Lippenherpes

Es gibt eine ganze Reihe von Beschwerden, die Sie mit traditionellen & natürlichen Hausmitteln erfolgreich lindern können – bei Lippenherpes ist dies jedoch nur eingeschränkt möglich. Die Thermotherapie bietet hier eine natürliche und nachgewiesenermaßen wirksame Alternative: Damit können Sie die Herpes-Viren rein physikalisch & unter Aktivierung körpereigener Prozesse bekämpfen und bei rechtzeitiger Behandlung sogar die Entstehung von Lippenbläschen verhindern.
Einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten finden Sie in unserem Artikel “Mittel bei Herpes”.
Quellen
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2) Al-Waili NS: Topical honey application vs. acyclovir for the treatment of recurrent herpes simplex lesions. In: Medical Science Monitor, August 2004, Vol. 10, No. 8, Mt94-8. PMID: 15278008. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15278008/ SOWIE Semprini A, Singer J, Braithwaite I, et al: Kanuka honey versus aciclovir for the topical treatment of herpes simplex labialis: a randomised controlled trial. In: BMJ Open 2019, Vol. 9, DOI: 10.1136/bmjopen-2018-026201. bmjopen.bmj.com/content/9/5/e026201 Eine In-Vitro-Analyse bieten Hashemipour MA, Tavakolineghad Z, Arabzadeh SA, Iranmanesh Z, Nassab SA: Antiviral Activities of Honey, Royal Jelly, and Acyclovir Against HSV-1. In: Wounds, February 2014, Vol. 26, No. 2, S. 47-54. PMID: 25860226.
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3) M. Viuda‐Martos Y. Ruiz‐Navajas J. Fernández‐López J.A. Pérez‐Álvarez: Functional Properties of Honey, Propolis, and Royal Jelly. In: Journal of Food Science, November 2008, doi.org/10.1111/j.1750-3841.2008.00966.x SOWIE Yildirim A, Duran GG, Duran N, et al.: Antiviral Activity of Hatay Propolis Against Replication of Herpes Simplex Virus Type 1 and Type 2. In: Medical Science Monitor 2016, Vol. 22, S. 422-430. DOI:10.12659/msm.897282 www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4750782/
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12) Francesca Borrelli Raffaele Capasso Angelo A. Izzo: Garlic (Allium sativum L.): Adverse effects and drug interactions in humans. In: Molecular Nutrition, October 2007, Vol. 51, No. 11, https://doi.org/10.1002/mnfr.200700072