Kann Herpes auf ein geschwächtes Immunsystem hindeuten?

Herpes ist eine Infektionskrankheit, die bei manchen Menschen zu wiederholten Lippenherpes-Ausbrüchen führt. Der Grund dafür ist, dass die Herpes-Viren nach der Erstinfektion lebenslang im Körper verbleiben. Ob sie sich erneut vermehren und einen Herpes-Ausbruch auslösen können, hängt maßgeblich von unserem Immunsystem ab. Immunstärkende Maßnahmen können daher helfen, Lippenherpes vorzubeugen.

Herpes nach der Erstinfektion: Viren vs. Immunsystem

Ob Lippenherpes oder Genitalherpes: Die Übertragung der Herpes-simplex-Viren von Mensch zu Mensch erfolgt vor allem durch Tröpfcheninfektion und direkten Hautkontakt.

Nach der Primärinfektion werden die Viren von den Nervenenden der Nervenzellen der betroffenen Region aufgenommen und wandern über die Nervenbahnen in Richtung Wirbelsäule und nisten sich dort in den Nervenknoten (Spinalganglien) ein. Bei Lippenherpes konzentrieren sie sich vor allem am Ansatz des Trigeminus-Nervs im Kopfbereich. Dort überdauern sie zeitlebens in weitestgehend inaktivem Zustand (Latenz).1

Das Immunsystem reagiert auf die Primärinfektion mit der Bildung verschiedener Antikörper, die die Verbreitung der Viren über das Blut verhindern und infizierte Zellen vernichten. Zudem werden die Viren durch das Zusammenspiel bestimmter Immunzellen und Enzyme im Zustand der Inaktivität (Latenz) gehalten.2

Ein geschwächtes Immunsystem begünstigt Herpes - Rezidive

In manchen Fällen kommt es zu einer Reaktivierung der Herpesviren aus dem Latenzzustand. Dann beginnen sich diese Viren erneut massenhaft zu vermehren und wandern entlang der Nervenbahnen an ihren Zielort – bspw. den Lippenbereich. So kommt es zu einem erneuten Herpes-Ausbruch, dem sog. Rezidiv.3

Epidemiologische Daten zeigen: Das Herpes-simplex-Virus Typ 1, der Hauptauslöser für Lippenherpes, ist bei 60-90 % aller Erwachsenen in Industrienationen nachweisbar, führt aber nur bei 20-40 % der Betroffenen zu wiederholten Rezidiven.

Günstige Bedingungen für die Reaktivierung der Herpes-Viren bestehen vor allem dann, wenn die körpereigenen Abwehrkräfte geschwächt sind und das Immunsystem die Krankheitserreger nicht mehr ausreichend ‘in Schach halten’ kann.
 

Mögliche Gründe und Auslöser für eine angeschlagene Immunabwehr

Eine Schwächung des körpereigenen Abwehrsystems kann verschiedene Ursachen haben, man unterscheidet:

Diese internen Triggerfaktoren können das Immunsystem schwächen

Das Immunsystem ist eng mit der Psyche verknüpft, die Kommunikation wird dabei durch bestimmte Hormone und Proteine (Zytokine) vermittelt. Insbesondere Stress und Depressionen können die Abwehrkräfte schwächen und Herpes-Ausbrüche begünstigen.4

Auch die hormonellen Veränderungen während Menstruation & Schwangerschaft sowie Erkältungskrankheiten können als interne Trigger für Lippenherpes wirken.5


Externe Triggerfaktoren können die Immunabwehr negativ beeinflussen

Die Immunabwehr kann auch durch äußere Einflüsse geschwächt werden. So beeinflusst UV-Strahlung, vor allem das mittelwellige UVB-Licht, die Produktion von Antigenen, Zytokinen und T-Lymphozyten und wirkt damit gleich in mehrfacher Hinsicht immunsuppressiv.6

Auch Klima- & Ortswechsel sowie körperliche Traumata gelten als externe Stressfaktoren für das Immunsystem und können Herpes-Rezidive begünstigen.7

Eine ausführliche Liste der bekannten Triggerfaktoren für Lippenherpes-Ausbrüche finden Sie in unserem Text über Symptome, Ansteckung & Verlauf von Herpes.

 

 

 

Abwehrkräfte stärken: Ein starkes Immunsystem kann die Wahrscheinlichkeit von Herpes-Rezidiven reduzieren

Ein schwaches Immunsystem kann Krankheitserreger nur unzureichend bekämpfen. Die folgenden Tipps zeigen Ihnen, wie Sie Ihr Immunsystem stärken und damit die Herpes-Viren bestmöglich in Schach halten können.

Reduzieren Sie dauerhaft Stress und sorgen Sie für ausreichend Schlaf

Kurze Stressphasen sind kein Problem für die Gesundheit, doch bei dauerhafter Überlastung gilt es gegenzusteuern: Die Ausschüttung von Stresshormonen hemmt die angeborene und erworbene Immunabwehr. Bei chronischem Stress, ohne hinreichende Erholungsphasen, ist bei vielen Menschen eine erhöhte Häufigkeit, Dauer und Schwere von Infektionen zu verzeichnen. Ausreichend Schlaf wiederum stärkt die Immunabwehr und ist daher gerade in Stressphasen besonders wichtig.8


Achten Sie auf Ihre Darmgesundheit

Die Schleimhäute des Magen-Darm-Systems sind ein wichtiger Teil des körpereigenen Immunsystems. Von besonderer Bedeutung ist dabei die sog. Darmflora, ein komplexes System mit hunderten verschiedenen Bakterienarten. Sie ist nicht nur an der Verdauung der Nahrung beteiligt, sondern auch an der Immunmodulation und der Abwehr und Bekämpfung von Krankheitserregern.

Positiv für Ihre Darmflora und somit Ihr Immunsystem sind:

Eine ausgewogene Ernährung versorgt Ihre Immunabwehr mit wichtigen Nährstoffen

Die körpereigene Immunabwehr wird über komplexe Stoffwechselprozesse geregelt. Die ‚Rohstoffe‘ für diese Prozesse sind Mineralstoffe und Vitamine, die über die tägliche Nahrung aufgenommen werden. Damit es nie an den passenden ‘Rohstoffen’ fehlt, sollten Sie Ihre Mahlzeiten möglichst gesund & abwechslungsreich gestalten.10

Einen Beitrag zur normalen Funktion des Immunsystems leisten insbesondere: 

  • die Mineralstoffe Zink, Selen, Eisen und Kupfer
  • Vitamin A, die Vitamine B6, B9 (Folsäure) und B12 sowie Vitamin C
  • Vitamin D, das einzige Vitamin, dass der Körper mithilfe von UV-B-Strahlung selbst produzieren kann; hier sollten Sie gerade im Winter aufgrund der verringerten Sonneneinstrahlung auf eine ausreichende Versorgung achten11

Durch regelmäßiges Händewaschen können Sie das Ansteckungsrisiko mit Viren und Bakterien reduzieren

Händewaschen entfernt viele Krankheitserreger, noch bevor sie über kleine Hautwunden ins Gewebe eindringen können oder mit den Fingern in Mund, Nase und Auge getragen werden. So können Sie Ihr Immunsystem entlasten. Waschen Sie die Hände:

  • regelmäßig, da stets unterschätzt wird, wie oft man in Kontakt mit Krankheitserregern gerät und wie häufig man sich ins Gesicht fässt12
  • gründlich, nicht nur die Handflächen, sondern auch Fingerzwischenräume und Daumen13
  • mit Wasser & Seife, unterwegs bieten Hygienetücher eine gute Alternative

Welchen Einfluss kann lokale Wärmeeinwirkung auf die Immunreaktion haben?

Die konzentrierte Wärmetherapie bzw. Hyperthermie beruht auf der lokalen Behandlung des betroffenen Hautareals mit einem gezielten Wärmeimpuls von 3 Sekunden bei 51 °C. Damit können – ohne Schädigung der Haut – physiologische Prozesse aktiviert werden. 

Besonders interessant erscheint hier die immun-stimulierende Wirkung der Hyperthermie. Mehrere In-vitro-Studien verweisen zudem auf weitere mögliche Wirkmechanismen, die für die Behandlung von Lippenherpes relevant sind:

Falls es doch an der Lippe zu kribbeln beginnt: Mit herpotherm ® Lippenherpes natürlich behandeln

Ein starkes Immunsystem bietet die beste Prävention gegen wiederholte Herpes-Ausbrüche, doch einen 100-prozentigen Schutz gibt es leider nicht. Achten Sie daher stets auf Ihr Körpergefühl und werden Sie schon bei den ersten Symptomen aktiv.

Welche weiteren Behandlungsmöglichkeiten es gibt und worauf Sie bei einem Herpes-Ausbruch noch achten sollten, erfahren Sie in unserem Artikel “Was tun bei Herpes”.

Quellen

1 Peter Fritsch, Thomas Schwarz: Dermatologie Venerologie: Grundlagen. Klinik. Atlas. Springer-Verlag 2018, S. 297.

2 Susanne Modrow, Dietrich Falke, Uwe Truyen, Hermann Schätzl: Molekulare Virologie. Springer-Verlag 2010, S.587 ff. SOWIE Desiree Zörgiebel-Wick: Charakterisierung neuronaler Populationen des humanen Ganglion Trigeminale und deren Assoziation mit der latenten Herpes Simplex Virus Typ 1 Infektion, Dissertationsschrift LMU 2018, https://edoc.ub.uni-muenchen.de/22210/1/Zoergiebel-Wick_Desiree.pdf

3 Peter Fritsch, Thomas Schwarz: Dermatologie Venerologie: Grundlagen. Klinik. Atlas. Springer-Verlag 2018, S. 298.

4 Eine ausführliche Darstellung bietet Rolf Adler: Psychosomatische Medizin: theoretische Modelle und klinische Praxis. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2011, Kap. 6 - Psychoneuroimmunologie.

5 Hans W. Doerr, Wolfram H. Gerlich (Hg.): Medizinische Virologie: Grundlagen, Diagnostik, Prävention und Therapie viraler Erkrankungen. Georg Thieme Verlag, 2010, S. 660.

6 Thomas Schwarz: Effekte von ultravioletter Strahlung auf das Immunsystem. In: Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (JDDG), Vol.3, Bd. 2, September 2005, S. S11-S18, 

 https://doi.org/10.1111/j.1610-0387.2005.04393.x

7 Hans W. Doerr, Wolfram H. Gerlich (Hg.): Medizinische Virologie: Grundlagen, Diagnostik, Prävention und Therapie viraler Erkrankungen. Georg Thieme Verlag, 2010, S. 660 SOWIE Peter Fritsch, Thomas Schwarz: Dermatologie Venerologie: Grundlagen. Klinik. Atlas. Springer-Verlag 2018, S. 298.

8 Hans-Harald Sedlacek: Immunologie – die Immunabwehr des Menschen. Schutz, Gefahren, Erkrankungen. 

de Gruyter 2014, Kap. 6.4 – Schlaf, Belastungen und Stress, insb. S. 511 ff, insb. S.517-518.

9 Michael Adolph: Ernährungsmedizin: nach dem neuen Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer. Georg Thieme Verlag 2010, S. 48, 74-80, 293 ff..

10 Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE): https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/?L=0

Die Website bietet auch wissenschaftliche Referenzwerte für die tägliche Nährstoffzufuhr: https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/

11 EU Register on Nutrition and Health Claims: ec.europa.eu/food/safety/labelling_nutrition/claims/register/public/ SOWIE Peter Schauder: Ernährungsmedizin: Prävention und Therapie. Elsevier, Urban& FischerVerlag, 2006, S. 95ff, zur Vitamin-D-Zufuhr S. 100.

12 Zur Infektionsvermeidung durch Händehygiene siehe bspw. Claudia Hübner: Einfluss der Händehygiene in Verwaltungen auf das Infektionsgeschehen und ökonomische Auswirkungen. 

Universität Greifswald, Disserationsschrift 2009. nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:9-000600-0

13 Infomaterialien hierzu bietet die BZGA: www.infektionsschutz.de/haendewaschen.html

14 Ruyechan WT, Weir AC. J Virol: Interaction with nucleic acids and stimulation of the viral DNA polymerase by the herpes simplex virus type 1 major DNA-binding protein. In: Journal of Virology, 1984 Dec;52(3):727-33.

15 Li WH, Lee YM, Kim JY, Kang S, Kim S, Kim KH et al.: Transient receptor potential vanilloid-1 mediates heat-shock-induced matrixmetalloproteinase-1 expression in human epidermal keratinocytes. In: Journal of Investigative Dermatology 2007 Oct;127(10):2328-35. Epub 2007 May 17.

16 Greaves MW, Mongar JL.: The mechanism of anaphylactic histamine release from rabbit leucocytes. In: Immunology. 1968 Nov;15(5):743-749.

17 Yosipovitch G, Fast K, Bernhard JD: Noxious heat and scratching decrease histamine-induced itch and skin blood flow. In: Journal of Investigative Dermatology, 2005 Dec;125(6):1268-72. 

Arrow top